Fünf Fragen an Maertha Laut von der RAL Gütegemeinschaft Feuerbestattungsanlagen

Wo hört das Menschsein auf? Mit dem letzten Atemzug – oder erst nach der Beisetzung? Wir sprechen mit Maertha Laut, Geschäftsführerin bei „Die Feuerbestattungen Schwerin“ und 1. Vorsitzende der RAL Gütegemeinschaft Feuerbestattungsanlagen.
11.12.2025
Gütezeichen
Maertha Laut von der RAL Gütegemeinschaft Feuerbestattungsanlagen
  1. Feuerbestattungen nehmen immer mehr zu. Warum ist das Ihrer Meinung nach so?
    Die Art und Weise, wie sich die Deutschen von ihren Verstorbenen verabschieden, hat sich in den vergangenen Jahren grundlegend gewandelt. Während die klassische Erdbestattung im Sarg einst selbstverständlich war, ist sie heute fast zur Ausnahme geworden. Die Feuerbestattung mit anschließender Urnenbeisetzung dominiert mittlerweile die deutsche Bestattungslandschaft. 2024 lag der bundesweite Anteil an Feuerbestattungen bei 81 %.
    Die Gründe sind vielfältig: Ein Urnengrab benötigt weniger Platz, die Ruhezeiten sind kürzer, und die Kosten für Pflege sowie Grabstein fallen geringer aus. Platzmangel in den Städten spielt eine wichtige Rolle – viele Kommunen reagieren mit Urnengräbern, Kolumbarien oder Waldbestattungen. Hinzu kommt der gesellschaftliche Wandel: Kirchliche Bindungen verlieren an Bedeutung, Urbanisierung und steigende Kosten tragen dazu bei, dass die Feuerbestattung als praktische Alternative zunehmend akzeptiert wird. Ein weiterer Vorteil ist auch, dass die Urne mehr Beisetzungsformen ermöglicht: Erdurnengrab, Kolumbarium, naturnahe Bestattung … So können Angehörige die Ruhestätte wählen, die wirklich zu dem verstorbenen Menschen gepasst hat.
    Kurzum: Die Feuerbestattung steht für eine moderne und individualisierte Erinnerungskultur. Dort, wo neue Formen wie Waldbestattungen oder Ascheverstreuungen erlaubt werden, steigt die Attraktivität der Feuerbestattung. Lockerungen bei Ruhefristen oder naturnahen Beisetzungsformen fördern diese Entwicklung.
  2. Besonders in den neuen Bundesländern gibt es prozentual sehr viele Feuerbestattungen. Woran liegt das?
    In den neuen Bundesländern gehören Feuerbestattungen schon lange zur Normalität und wurden in der DDR bereits staatlich gefördert. Auch religiöse Bindungen spielen eine geringere Rolle als in anderen Teilen Deutschlands. Der Anteil an Feuerbestattungen liegt in fast allen neuen Bundesländern bei 90–96 %. (Eine Ausnahme bildet hier nur Berlin.) Spitzenreiter ist Sachsen-Anhalt mit 96 % Feuerbestattungen in 2024. Das Bundesland verabschiedete im September 2025 sogar ein neues Bestattungsgesetz, das Bestattungen ohne Sarg ermöglicht und die Frist für Urnenbeisetzungen auf sechs Monate verlängert. Damit reagiert das Land auf veränderte Wünsche und kulturelle Vielfalt.
  3. Wem gehören sterbliche Überreste eigentlich?
    Grundsätzlich gehören die sterblichen Überreste so wie auch der Leichnam niemanden! Der Totenfürsorgeberechtigte hat ein Aneignungsrecht auf die nach der Einäscherung freiwerdenden Metalle – wie zum Beispiel Zahngold oder Titaniumimplantate. In der Praxis tritt er dieses mit Unterschrift eines Einäscherungsauftrages in der Regel an das Krematorium ab. Einige Krematorien spenden die Erlöse aus der Verwertung der freiwerdenden Metalle an karitative Zwecke.
  4. Was ist das Besondere am RAL Gütezeichen Feuerbestattungsanlagen?
    Die Gütegemeinschaft Feuerbestattungsanlagen zeichnet Krematorien aus, in denen Würde und Qualität an erster Stelle stehen. Das war nötig, denn bis vor einiger Zeit waren Krematorien noch reine Funktionsgebäude. Ein einfühlsamer Umgang mit Trauernden sowie Verstorbenen und ein festlicher Rahmen für den hoch emotionalen Vorgang der Einäscherung waren nicht unbedingt selbstverständlich. Krematorien, die sich unter dem RAL Gütesiegel Feuerbestattungsanlagen zusammengeschlossen haben, leisten deshalb freiwillig mehr, als der gesetzliche Rahmen vorschreibt.
    Heute verstehen sich moderne Krematorien als Serviceunternehmen für Verstorbene und Angehörige. Wir bemühen uns, Hinterbliebenen ein Gefühl von Sicherheit und Mitgefühl zu geben. Sie sollen spüren, dass der Mensch, um den sie trauern, bei uns in guten Händen ist.
    Als Gütegemeinschaft haben wir uns aber auch dem Thema Feuerbestattungen selbst verschrieben. Bis 2012 gab es keine verlässlichen Zahlen über das Verhältnis von Sarg- zu Urnenbestattungen in Deutschland. Seitdem führen wir jährlich eine Umfrage zu diesem Thema durch.
  5. „Lebendig im Sarg“ – dies ist eine Urangst der Menschheit und ging an einem aktuellen Beispiel aus Thailand kürzlich erst wieder durch die Medien. Hand aufs Herz: Wie real ist diese Gefahr?
    Diese Urangst können wir direkt verneinen. Es ist praktisch ausgeschlossen, dass jemand bei einer Kremation noch lebendig im Sarg sein kann. Vor der Feuerbestattung ist gesetzlich eine zweite amtsärztliche Leichenschau vorgeschrieben. Sie wird üblicherweise durch einen Rechtsmediziner oder Amtsarzt durchgeführt. Diese zweite Kontrolle (Vier-Augen-Prinzip) soll sicherstellen, dass der Tod sicher eingetreten und eine nicht-natürliche Todesursache ausgeschlossen ist. Andernfalls dürfte keine Einäscherung erfolgen.
    Darüber hinaus gibt es in (fast) allen deutschen Bundesländern eine Mindestfrist zwischen Todeszeitpunkt und Einäscherung. Meist sind dies 48 Stunden. Auf diese Weise ist gewährleistet, dass eine etwaige Lebenszeichenkontrolle und Identitätsüberprüfung erfolgt und keine lebende Person irrtümlich eingeäschert wird.
Andrea Knaden Managerin Kommunikation & Marketing

Pressekontakt

Andrea Knaden

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